Was ist forenische Linguistik? Kriminalistische Sprachwissenschaft, also der Einsatz der Linguistik im rechtlichen Kontext und speziell bei der Ermittlung von Straftaten.

Das Sachgebiet "forensische Linguistik" ist ein Teilgebiet der „Angewandten Linguistik/Sprachwissenschaft“. Die Linguistik kommt in solchen Fällen zum Einsatz, in denen etwas Sprachliches Gegenstand von Ermittlungsverfahren bzw. der Wahrheitsfindung ist, u. a. in folgenden Fällen: Erpressung, gefälschte Dokumente (z. B. Testamente, Zeugnisse), anonyme Bedrohung, Verleumdung, üble Nachrede, Romance Scamming / Love-Scamming, Business-Mobbing.
In diesem YouTube-Film wird die Vorgehensweise in der forensischen Linguistik anhand eines tatsächlichen "Falls" (hier Kurztexte in Social Media im Bamberger Fakeaccount-Skandal) erklärt: https://www.youtube.com/watch?v=hCK8v-wTYUU. Detaillierte Auflistung der Teildisziplinen der forensischen Linguistik

 

Dies sind die typischen Bereiche bzw. Probleme, in denen forensische Linguistik gebraucht wird:

  • Erpressung
    Wer einen Menschen rechtswidrig mit Gewalt oder durch Drohung mit einem empfindlichen Übel zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung nötigt und dadurch dem Vermögen des Genötigten oder eines anderen Nachteil zufügt, um sich oder einen Dritten zu Unrecht zu bereichern und wenn die Anwendung der Gewalt oder die Androhung des Übels zu dem angestrebten Zweck als verwerflich anzusehen ist. (§ 253 StGB),
    siehe auch Autorenbestimmung
  • Urkundenfälschung (z. B. Testamente, Zeugnisse)
    Wer zur Täuschung im Rechtsverkehr eine unechte Urkunde herstellt, eine echte Urkunde verfälscht oder eine unechte oder verfälschte Urkunde gebraucht (§ 267 Abs. 1 StGB)
    Schon der Versuch der Testamentsfälschung ist strafbar, und eine nachgewiesene Urkundenfälschung wirkt sich negativ auf einen möglichen Erbanspruch aus, denn gemäß § 2339 BGB ist dies einer der Gründe für Erbunwürdigkeit. Eine Person, welche nachgewiesenermaßen ein Testament gefälscht hat, gilt als erbunwürdig.
    Wer bei einer Bewerbung wissentlich ein gefälschtes Zeugnis eingereicht hat, dem kann der Arbeitgeber auch Jahre später noch fristlos kündigen.
    Siehe auch Autorenbestimmung
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  • falsche Verdächtigung
    Wer einen anderen bei einer Behörde […] oder öffentlich wider besseres Wissen einer rechtswidrigen Tat […] in der Absicht verdächtigt, ein behördliches Verfahren oder andere behördliche Maßnahmen gegen ihn herbeizuführen oder fortdauern zu lassen, […] wer […] über einen anderen wider besseres Wissen eine sonstige Behauptung tatsächlicher Art aufstellt, die geeignet ist, ein behördliches Verfahren oder andere behördliche Maßnahmen gegen ihn herbeizuführen oder fortdauern zu lassen (§ 164 StGB)
  • anonyme Bedrohung
    siehe § 241 StGB: Bedrohung (Wer einen Menschen mit der Begehung eines gegen ihn oder eine ihm nahestehende Person gerichteten Verbrechens bedroht ...)
  • Business-Mobbing [bzw. ABM: Anonymes Business-Mobbing]
  • irreführende Angaben bzw. Ausdrucksweisen z. B. in Angeboten, Vorverhandlungen, Nennung von Bedingungen, Produktbeschreibungen, Handbüchern
  • sogen. Kreditgefährdung (Wenn jemand einem Kreditgeber falsche Informationen über einen Kreditnehmer zuspielt, die dazu führen, dass dessen Antrag abgelehnt oder ein laufender Kredit gekündigt wird. "Wer der Wahrheit zuwider eine Tatsache behauptet oder verbreitet, die geeignet ist, den Kredit eines anderen zu gefährden oder sonstige Nachteile für dessen Erwerb oder Fortkommen herbeizuführen [...] § 824 BGB)
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  • Verleumdung, üble Nachrede, Anschwärzung
    Verleumdung: Wer wider besseres Wissen in Beziehung auf einen anderen eine unwahre Tatsache behauptet oder verbreitet, welche denselben verächtlich zu machen oder in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen oder dessen Kredit zu gefährden geeignet ist [...] oder gar die Tat öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften begeht  (§ 187 StGB)
    üble Nachrede: Wer in Beziehung auf einen anderen eine Tatsache behauptet oder verbreitet, welche denselben verächtlich zu machen oder in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen geeignet ist, wird, wenn nicht diese Tatsache erweislich wahr ist ... (§ 186 StGB)
    Anschwärzung: auch "geschäftliche üble Nachrede": eine Form des unlauteren Wettbewerbs, bei der im geschäftlichen Verkehr über die Waren, Dienstleistungen oder das Unternehmen eines Mitbewerbers erweislich unwahre Tatsachen behauptet oder verbreitet werden, die geeignet sind, den Betrieb oder den Kredit des Unternehmers zu schädigen (§ 4 Nr. 8 UWG). Die Beweislast für die Wahrheit der Tatsache liegt beim Behauptenden.
    Mehr zu Verleumdung, übler Nachrede, Anschwärzung: hier klicken -
  • Schmähkritik
    eine Äußerung, bei der nicht mehr die Auseinandersetzung in der Sache, sondern die Diffamierung der Person im Vordergrund steht. Polemische oder überspitzte Kritik ist hiervon noch nicht erfasst; erforderlich ist vielmehr, dass die Meinungsäußerung in der Herabsetzung der Person besteht
  • Rufmord, Diskreditierung, Diffamierung
  • Scamming: Sextortion-Scamming/-Mails, Bitcoin-Forderungen
    "Sextortion" ist die Zusammensetzung der englischen Wörter „Sex“ und „Extortion“ (Erpressung) zusammen und bedeutet übersetzt "sexuelle Erpressung". Die Opfer werden überredet, intime Bilder von sich weiterzuleiten. Dann drohen die Erpresser, die Bilder zu verbreiten bzw. zu veröffentlichen, wenn das Opfer kein Geld überweist.
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    "Scamming" bedeutet "Betrug" und wird im Internet betrieben, um - oft mittels Erpressung - die Opfer dazu zu bewegen, Geld zu überweisen.
    Typische Bitcoin-Forderungen, "Wir haben Deinen Computer gehackt und mit einer Software infiziert, die pornografische Dateien gefunden hat. Wenn Du innerhalb von 48 Stunden 400 € auf unsere Kryptowährung Bitcoin Wallet:
    15yJ7MQWTNFjsSvAJJMkjPpmjbAstGLYhW4 zahlst, werden all Deine Geheimniss entfernt.", "Zahle 300 € in Bitcoins, oder ich veröffentliche Videos von dir, auf denen du masturbierst."
    Scamming über Geldversprechen: Der Scammer (oder die Scammerin) lockt seine (ihre) Opfer mit der Angabe, dass sie größere Mengen Geld zur Verfügung stellen könnten (Erbschaften oder sonstige familiäre Hinterlassenschaften); aber leider benötigen sie von dem Scamming-Opfer erst einmal einen "geringen" Betrag, um z. B. einen Notar bezahlen zu können
    Scamming gibt es auch auf dem Wohnungsmarkt: Der Scammer (die Scammerin) schickt einem Wohnungssuchenden einen gefälschten Mietvertrag und verlangt einen Betrag (die Kaution) im Voraus, verspricht, Ihnen den Wohnungsschlüssel per Post zu schicken. Alles gelogen; das Geld ist für immer weg.
    Spezialfall Romance Scamming / Love-Scamming: Dem Opfer wird weisgemacht, es entstünde eine große Liebe, und es entsteht eine emotionale Abhängigkeit. Dann bittet der "Scammer" darum, dass Sie ihm (ihr) Geld leihen (Unfall, Mutter krank, ...). Alles gelogen; der Scammer wird auf Nimmerwiedersehen mit dem Geld verschwinden. Zeigen Sie uns die angeblichen Liebesbriefe und Ihre E-Mail-Korrespondenz mit dem mutmaßlichen Traummann; wir erkennen Scam-Mails. Mehr zu dem Thema: hier klicken.
  • Sykophanten (Erpresser per Rufschädigung/Verleumdung): Im antiken Athen drohten Sykophanten begüterten Bürgern in erpresserischer Absicht, sie durch falsche Angaben und Verleumdungen in Misskredit zu bringen ... und kassierten. Das gibt es auch heute.
  • Cyberkriminalität (engl. "cybercrime")
    Bedrohung im Internet, Computerbetrug, das Infizieren von Computern mit Schadsoftware/Malware (den Opfern werden von vermeintlichen Bekannten Nachrichten mit infizierten Anhängen zugesandt. Ein Öffnen dieser Anhänge oder ein Klick auf einen eingefügten Link führt zur Infektion des Computers), Phishing/ID-Theft, digitale Erpressung über Ransomware, Botnetze